mobile menu
AKADEMIE FÜR
PSYCHOTHERAPEUTISCHE MEDIZIN
Ausbildungsverbund für Psychotherapeutische Medizin in Wien (APMW)

Nachruf auf OMR Dr. med. Günther Bartl

OMR Dr. Günther Bartl

Die Akademie für Psychotherapeutische Medizin und die Gasteiner Psychotherapiewoche wurden von zwei Ärzten für Allgemeinmedizin ins Leben gerufen, immer wieder an aktuelle Entwicklungen angepasst, über manche Konflikte hinweg adaptiert und verändert und somit letztlich zu der österreichweit größten Einrichtung für psychosoziale, psychosomatische und psychotherapeutische Aus- und Weiterbildung gemacht. Siegfried Odehnal und Günther Bartl sind diese beiden Gründerväter, die über die gemeinsame Begeisterung für die Sache auch eine jahrzehntelange Freundschaft verband. Bis vor zwei Jahren ist Günther Bartl immer zur Gasteiner Psychotherapiewoche gekommen, um hier eine Gruppe zu leiten.
In der Nacht zum 27. Juli ist OMR Dr. med. Günther Bartl verstorben.

MR Dr. med. Siegfried Odehnal hat den Nachruf für seinen Freund geschrieben:

Günther Bartl war praktischer Arzt in einer kleinen Gemeinde in Niederösterreich – wie man früher so sagte ein typischer „Landbader“.

Geboren am 17.10.30 als Sohn des Gemeindearztes von Hausbrunn, der im Krieg gefallen ist.

Freunde des Vaters – Dr. Bsteh und Dr. Asperger – nahmen den Halbwaisen unter ihre Fittiche.

1948 Matura

Medizinstudium in Wien, Finanzierung des Studiums als Harmonikaspieler beim Heurigen

Promotion im März 1956

Turnus im Krankenhaus Mistelbach bei Prof. Dr. Bsteh. In diesen Jahren regelmäßiger Besuch der Psychotherapiewochen in Lindau

Begegnung mit Prof. Dr. J.H. Schultz; Mitglied in dessen Verein für ärztliche Hypnose und für Autogenes Training

Von Prof. Dr. Bsteh wurde er mit der Aufgabe betraut, bei einer prominenten Patientin mit einem schweren Schub einer Colitis ulcerosa einen Versuch mit Hypnose zu unternehmen. Die heterosuggestive Art, die Formeln des AT vorzusprechen, führte tatsächlich nach 2 Wochen zu einer Abheilung des akuten Schubes.

J.H. Schultz regte ihn an, bei Prof. Cremerius, dem Vorstand der Psychosomatischen Klinik in München, eine analytische Ausbildung zu machen.

Bei Eberhard Schätzing – Nachfolger von J.H. Schultz als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Ärztliche Hypnose und Autogenes Training – Perfektionierung der ärztlichen Hypnose.

1957 in Lindau Kontakt mit dem Katathymen Bilderleben von Prof. Dr. Hanscarl Leuner. Ausbildung bei Prof. Dr. Leuner, 1984 zum Dozenten in dessen Arbeitsgemeinschaft für Katathymes Bilderleben ernannt; Import der Methode nach Osterreich.

Initiiert von Prof. Strotzka wurde 1961 an der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien eine Balintgruppe eingerichtet. Diese Gruppe traf sich über 10 Jahre einmal wöchentlich.

1962 zum Gemeindearzt von Hausbrunn bestellt

1968 2. Vorsitzender der österreichischen Gesellschaft für ärztliche Hypnose und Autogenes Training

Im September 1974 habe ich Dr. Bartl in Badgastein als Teilnehmer am SEMINAR FÜR ÄRZTLICHE HYPNOSE UND AUTOGENES TRAINING erstmals getroffen. Seine Art die Grundzüge der Psychotherapie einfühlsam mit einfachen Worten zu vermitteln, hat mich fasziniert.

Immer wieder hat er in seiner Lehrtätigkeit darauf hingewiesen, wie wichtig es ist nicht nur eine Psychotherapiemethode gut zu erlernen, sondern sich einen möglichst breiten Überblick über die verschiedenen Methoden zu verschaffen. Man könne sich in der Praxis eines Allgemeinmediziners die Patienten ja nicht aussuchen.

In den Folgejahren habe ich weitere Ausbildungsseminare bei ihm belegt. War nicht einfach, denn seine Gruppen waren immer rasch ausgebucht. Auch jene bei den Psychotherapieveranstaltungen in Aachen, Langeoog und Lauterberg, wohin er jedes Jahr eingeladen wurde.

Im Jahre 1978 wurde Bartl als neuer Leiter der österreichischen Gesellschaft für ärztliche Hypnose und Autogenes Training gewählt. Ich wurde zum Rechnungsprüfer bestellt.

Einer seiner ersten Schritte war den Verein in „Österreichische Gesellschaft für Autogenes Training und allgemeine Psychotherapie“ umzubenennen.

Anscheinend habe ich bei ihm den Eindruck erweckt, dass er sich eine Zusammenarbeit mit mir vorstellen könnte; was – wie er mir später einmal erzählte – Prof. Dr. Barolin zur Frage veranlasste: „Sag, kannst Du mit dem Zwängler?“

Nach Rücksprache mit meiner Frau haben wir im Oktober 1979 das Sekretariat übernommen

Günther Bartl war der Ideenbringer, der aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit viele Kontakte zu namhaften Referenten hatte. Viele Abende haben wir am Telephon die notwendigen Dinge besprochen. Bartl hat neben seiner großen Landarztpraxis auch viele Gruppen und Einzeltherapien geführt, sodass ich mir oft gedacht habe: Wie macht er das? Schläft er überhaupt? Schließlich hatte er auch eine Familie.

Mit dem Inkrafttreten des ersten Psychotherapiegesetzes änderten sich die Rahmenbedingungen und wohl auch manche Loyalitäten. Bei der General-versammlung 1991, die von 21.00 bis 3.00 Uhr früh gedauert hat, übernahmen andere das Ruder. Ärztliche Psychotherapieausbildung – beziehungsweise Wege dorthin – waren plötzlich in Frage gestellt.

Noch in der Nacht nach dem Vorstandswechsel hatte ich die Idee etwas Neues zu machen und habe am Morgen meinen Vorschlag Günther unterbreitet. Wir planten eine Veranstaltung für Ärzte zur Weiterbildung in psychotherapeutischer Medizin. Im September 1992 wurde das Kind mit dem Namen „PSYCHOTHERAPIEWOCHE“ aus der Taufe gehoben. Das „Kind“ hat sich gut entwickelt, Bartl hat seine Kontakte spielen lassen, hat jedes Jahr mindestens eine, manchmal auch zwei Gruppen geleitet und war unermüdlich und bewundernswert aktiv!

Mit den hysterischen Anteilen seiner Struktur hatte er immer wieder neue Ideen und Vorschläge und meine anankastische Struktur hat daraus die Realitäten geschaffen.

1995 sind wir mit unserer Veranstaltung hierher nach Hofgastein in das neu eröffnete Kongresszentrum übersiedelt.

Um unsere Aktivitäten auch auf eine offiziell anerkannte Basis zu stellen, gründeten wir 2002 die AKADEMIE FÜR PSYCHOTHERAPEUTISCHE MEDIZIN, die in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer für Wien auch in der Facharztausbildung für Psychiatrie verankert ist.

Bartl zog sich ab diesem Zeitpunkt zunehmend aus dem organisatorischen Bereich zurück, blieb aber als Seminar- und Gruppenleiter sowie als Therapeut weiterhin aktiv.

Ab 2009 habe ich versucht, jemanden zu finden der unsere Nachfolge antreten könnte. In Dr. Edith Schratzberger-Vécsei fand ich eine junge, sehr ambitionierte praktische Ärztin als Nachfolgerin, der wir unser inzwischen schon recht groß gewachsenes Kind im Jahre 2012 übergeben konnten. Sie pflegt und hegt es und es wird immer größer. Danke Edith!

Dr. Bartl hat natürlich bei der PSYCHOTHERAPIEWOCHE weitergearbeitet und Gruppen geleitet. Im September 2021 kurz vor der PSYCHOTHERAPIEWOCHE stürzte er in seinem Garten und konnte nicht zur Tagung kommen. Leider war offenbar hinter diesem Sturz mehr als Unaufmerksamkeit, denn er erholte sich nicht mehr wirklich. Im Herbst 2023 habe ich ihn in Hausbrunn besucht, es ging ihm nicht gut. Er hat das aber immer überspielt, wenn wir telephonierten, gab er sich optimistisch, ob gespielt oder wirklich, ich weiß es nicht.

Am 19. Juli habe ich das letzte Mal mit ihm gesprochen. Es war ein deprimierendes Gespräch; ich hatte kein gutes Gefühl nach diesem Telephonat.

In der Nacht zum 27. Juli ist er gestorben! Wir werden ihn sehr vermissen, er hinterlässt eine große Lücke!

Danke Günther für Deine Freundschaft und Dein Vertrauen!